Donnerstag, 4. August 2011

Der Busfahrer aus dem Totenreich

Unerlaubte Vorabtextstelle:
Sokengrucher Krug
2001
„Ich geh mal eben für kleine Königstiger“, brummelte Gernot, drückte seine Zigarette in den Aschenbecher und erhob sich vom Kneipentisch. Er hatte nur Fanta getrunken, aber die musste jetzt raus. Die anderen waren so sehr in ihre Gespräche vertieft, dass keiner reagierte.
„Und sollte mich einer vermissen … „, Gernot zögerte, denn er hatte seinen Reim vergessen.
Marcus und Oli schauten kurz auf, dann hob er erneut an:
„Und sollte mich einer vermissen, ich bin mal eben … PISSEN“
Er lachte als einziger und zog dann los. Direkt neben der Toilettentür, war die andere, die mit den goldenen Buchstaben PRIVAT. Er erinnerte sich. Hier war es ja damals gewesen, die Geschichte mit dem geklauten Schnaps und dem abgestürzten Busfahrer. Er schaute sich um. Hier hatte sich eigentlich nichts verändert seit 1985. Außer den Preisen vielleicht. Er guckte ob keiner guckt und dann legte er vorsichtig die Hand auf die PRIVAT Türklinke. Nur mal gucken dachte er. Gucken kost nix. Zu seinem Erstaunen war die Tür nicht abgeschlossen. Er öffnete sie einen Spalt und lugte hinein. Der Raum war klein und düster. Es roch nach Putzmitteln. Die Vorhänge waren zugezogen. Einem Impuls folgend schlüpfte er in das düstere Zimmer. Die Gardinen und Vorhänge waren zugezogen. Darum war es so dunkel. An der Wand waren Getränkekästen gestapelt. Auf dem Boden stand ein Putzeimer und ein Schrubber. Und unter dem kleinen Fenster stand die selbe, kunststoffüberzogene Liege wie damals. Es sah so aus, als ob auf der Liege jemand läge. Aber das waren sicher nur Bettlaken, Handtücher, wer weiß was. Trotzdem beschloss er den Raum doch schnell wieder zu verlassen. Doch was war das? Er bekam eine Gänsehaut- die Tür ließ sich nicht mehr öffnen. Plötzlich hörte er ein Husten, ein Schnaufen. Gernot drehte sich in die Richtung der Liege und sah, dass sich der vermeintliche Wäschehaufen aufgerichtet hatte.
Dann begann er auch noch zu sprechen: „Wooooo ist meine Klaussss und Klausssss Kassetteeee?“
Das war der Moment, als sich Gernots prall gefüllte Blase spontan entleerte.
Die Gestalt wankte auf ihn zu, Gernot spürte die Türklinke im Rücken.
Es war ein Mann, ein Mann mit kleinen Locken und er roch schlecht. Er roch nach Moder, nach Verwesung und Mentholzigaretten. Gernot tastete nach dem Lichtschalter.
Zum Glück war es ein normaler Lichtschalter, der nur an und aus kannte und nicht so ein moderner von BERKER, wo man erst mal überlegen musste, wie Licht an geht. Er drückte den Schalter. Eine sehr düstere, nackte Birne versuchte den Raum zu erhellen. Es gelang ihr nur ansatzweise. Aber was Gernot erkennen konnte reichte ihm. Die untersetzte Gestalt trug eine Art Lederweste, die aber in die ansonsten nackte Haut eingewachsen schien. Nun stand er ganz nah vor Gernot, der konnte nicht zurückweichen, denn er stand ja schon mit dem Rücken zur Tür. Gernot hatte die Augen fest geschlossen und er wimmerte. „Bursche, schau mich an … pfffffffffffffffffffffffffffft machte er (Ein Furz). Langsam, zum Sterben erreicht öffnete Gernot die Augen, doch er sah nur sich selbst. Da wo die Augen hätten sein müssen, hatte der Busfahrer aus dem Totenreich Spiegel.
Gernot sackte zusammen.
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JA GO und Mario Mathejczyk gefällt das.

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